Das Zentrum der Filmwelt feiert sich traditionell am Ende der Saison am Hollywood Boulevard selbst. Vor dem Dolby Theatre im Hollywood & Highland Einkaufszentrum (zumindest hier ist die Academy mit der Zeit gegangen) wird dann der rote Teppich ausgerollt. Millionen sitzen vor den Fernsehgeräten und die Fotos der Stars füllen am nächsten Morgen die Zeitungen in aller Welt, wenn wieder einmal die Oscars vergeben werden. Dabei sind die Roben ebenso wichtig, wie die Filme, die präsentiert werden.
In diesem Jahr ist natürlich alles anders. Stephen Soderbergh versprach, als Teil des diesjährigen Produzententrios, eine Show wie ein Film, in dem zufällig Preise verliehen werden, mit einer Besetzung, die sich sehen lassen kann. Der Opener, in dem Regina King in die Union Station schritt, währenddessen die Namen aller TeilnehmerInnen in großen Buchstaben eingeblendet wurden, geht vielleicht noch als Einstieg durch. Und dann? Das wars. Bereits davor wurde die einzige Live Perfomance gezeigt. Voraufgezeichnet auf dem Dach des Academy Museums of Motion Pictures, präsentierte H.E.R. ihren Song Fight for You, für den sie später den Oscar erhalten sollte. Die Zuspielung In Memoriam, sicher ein emotionaler Höhepunkt einer jeden Verleihung, in der die Verstorbenen des vergangenen Jahres noch einmal gewürdigt werden, wurde so schnell abgespielt, dass man die Namen zum Teil nicht lesen konnte (vermutlich war die Liste auch noch nie so lange). Das Ganze gipfelte darin, dass Anthony Hopkins als Bester Darsteller ausgezeichnet wurde. So überraschend, dass er selbst zu Hause in Wales bereits zu Bett gegangen war, die Regie rasch wegblendete und die Gala gar abrupt endete. Wenn das mit der Pandemie doch auch so einfach wäre! Eine dramaturgische Meisterleistung.
Fair war die Verteilung der Statuetten. Gleich sechs Filme erhielten zwei Oscars. Alleine Nomadland einen mehr. The Trial of the Chicago 7 ging sogar leer aus. Mank konnte seiner aufgrund von zehn Nominierungen angedichteten Favoritenrolle erwartungsgemäß nicht gerecht werden. Viele Überraschungen haben gezeigt, dass es verfrüht ist, die Oscars schon im Vorfeld als langweilig, weil vorhersehbar, abzustempeln. Keine der beiden Favoritinnen in der Kategorie Beste Hauptdarstellerin machte das Rennen, sondern eine ebenso überraschte, wie ein wenig genervte Frances McDormand. Selbst Entscheidungen in kleineren Kategorien, wie Bester Dokumentarfilm sorgten für Kopfschütteln (Oscar für Mein Lehrer, der Krake). Der Oscar für Another Round von Thomas Vinterberg, in einer der normalerweise stärksten Kategorien, viel da gar nicht mehr weiter auf.
Erstmals waren zwei Frauen für den Regieoscar nominiert. Chloé Zhao gewann. Wie wäre diese Kategorie wohl aufgestellt gewesen, wären die Filme der männlichen Regiestars nicht zurückgehalten worden? Man kann es sich denken. Aber wie war nun das Filmjahr an sich aufgestellt? Es gab auffällig viele Debüts, von denen es nicht wenige in die Liste der Besten Filme geschafft haben. Das Sundance Filmfestival entpuppte sich als das bedeutendste Festival des Jahres: The Father, Minari, Never Rarely Sometimes Always, Palm Springs, Mein 40-jähriges Ich, Kajillionaire und Promising Young Woman feierten in Park City Premiere.
Mehrere Filme basierten auf Theaterstücken. Regisseur Florian Zeller bekam für sein vom eigenen Stück adaptierten Drehbuch den Oscar für The Father.
Nur ein Bruchteil der folgenden Filme lief 2020 im Kino. Die meisten davon waren nur bei der Viennale zu sehen. Der weitaus größere Anteil fällt auf die Streamingdienste. Sie waren auch bei den Oscars so stark wie noch nie vertreten. Eine Regeländerung machte dies möglich, da in diesem Jahr kein Kinostart nötig war, um Berücksichtigung zu finden. Zugelassen waren alle Filme bis inklusive 28. Februar 2021. Von den erfolgreichsten Filmen war Judas and the Black Messiah der einzige, der davon profitieren konnte (Sundance Filmfestival 2021).
In den jeweiligen Filmbesprechungen befinden sich die Links zu den Filmen, sollten sie gerade verfügbar sein.
★★★★★
★★★★ ½
Aufzeichnungen aus der Unterwelt
I’m no longer here
Lovers Rock (Small Axe-Anthologie)
Mangrove (Small Axe-Anthologie)
Never Rarely Sometimes Always
★★★★
Druk
If Anything Happens I Love You (Animationskurzfilm)
The Outpost – Überleben ist alles
NEUESTE BEITRÄGE VON THE REEL THERAPIST
- „DER WILDE ROBOTER“ Filmkritik: Tiefschwarzer Humor zwischen Natur und Technik
- VIENNALE 2024 – Rückblick
- VIENNALE 2024 – Halbzeit
- „THE SUBSTANCE“ Filmkritik: feministischer Body-Horror mit Demi Moore in der Rolle ihres Lebens.
- „FAVORITEN“ Filmkritik: Ruth Beckermanns Bestandsaufnahme des österreichischen Schulsystems
2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 Aktuelles Amazon Disney Feature Filme Filmfestival Filmkitik Filmkritik Kino aus Österreich Kommentar Netflix Oscar Radar Oscars Review Streaming Viennale Vorschau