Kino findet statt! Die Viennale 2020 ist nichts weniger als ein organisatorischer Kraftakt aus Liebe zum Kino. Bis jetzt ist er absolut geglückt. Liebe Filmfreunde, nutzt die verbleibenden fünf Tage. Es könnte für ein gewisse Zeit die letzte Möglichkeit für ein Kinoerlebnis sein. 8 Filme in den ersten 5 Tagen (davon 2 Kurzfilme und 1 Dokumentation). Der Start war auch gleich sehr vielversprechend. Hier ein kurzer Überblick.
Druk (Thomas Vinterberg, DK 2020)
Bei Druk von Thomas Vinterberg und mit Mads Mikkelson in der Hauptrolle wurde viel gelacht. Vier Lehrer testen aus, ob ein durchgängig minimal erhöhter Alkoholspiegel ihr Leben bereichert. Eine tragische Ebene fehlt natürlich nicht. Der Filmladen bringt die Tragikomödie demnächst ins Kino.
Aufzeichnungen aus der Unterwelt (Tizza Covi/Rainer Frimmel, A 2020)
Aufzeichnungen aus der Unterwelt ist eine Dokumentation über Alois Schmutzer und Kurt Girk. Zwei echte Wiener, deren Schicksal sie in den späten 1960er Jahren unverschuldet ins Gefängnis brachte. Unterhaltsam und ein aufschlussreicher Einblick in die damalige Justiz. Demnächst im Stadtkino.
The Human Voice (Pedro Almodóvar, E 2020)
Einen Kurzfilm hat Pedro Almodóvar diesmal gemacht. Nicht nur, weil Tilda Swinton die Hauptrolle im 30 minütigen The Human Voice spielt, möchten wir mehr davon. Swinton wie immer göttlich, optisch das Ganze ein Augenschmaus. (Constantin Film)
Intimate Distances (Philip Warnell, GB/USA 2020)
Ich habe bisher nicht oft den Kinosaal während eines Films verlassen. Der Kurzfilm Intimate Distances ist so ein Fall.
Never Rarely Sometimes Always (Eliza Hittman, USA 2020)
In Never Rarely Sometimes Always ist die 17-jährige Autumn ungewollt schwanger. Gemeinsam mit einer Freundin macht sie sich von Pennsylvania auf den Weg nach New York, wo einer Minderjährigen der Abbruch auch ohne Zustimmung der Erziehungsberechtigten erlaubt ist. Die jungen Mädchen sind mit einem tief in der Gesellschaft verankerten Sexismus und sexuellem Missbrauch konfrontiert und werden auf ihrer schwierigen Reise völlig alleine gelassen. Inszeniert ohne große Dramatik. Das Thema alleine ist bestürzend genug. (Verleih: UIP Austria)
Falling (Viggo Mortensen, USA 2020)
Viggo Mortensen als Regisseur, Drehbuchautor und Komponist: In Falling übernimmt er sich leider. In dem Drama müssen er und seine Familie sich an deren homophoben rassistischen Vater abarbeiten. Ein Menschenfeind, wie er im Buche steht. Leider weiß Mortensen nicht, wohin er eigentlich möchte. Ein an sich vielversprechendes Thema tritt bald auf der Stelle. Irgendwann nerven die Eskapaden des Alten nur noch. (Filmladen Filmverleih)
Siberia (Abel Ferrara, I/D/MEX 2020)
Siberia ist ein schwer zu entschlüsselndes Vexierspiel zwischen Erinnerungen, Halluzination, Gewalt und Natur. Angelehnt an C. G. Jungs Notizsammlung „Das Rote Buch“ zeigt Abel Ferrara seinen derzeitigen Lieblingsschauspieler Willem Dafoe als Mann in der Isolation, der in der Wildnis von Visionen heimgesucht wird. Eine Herausforderung für das Publikum. Nicht wenige verlassen den Saal. (Filmladen Filmverleih)
The World to come (Mona Fastvold, USA 2020)
Im Nordosten der USA Mitte des 19. Jahrhunderts ist The World to come angesiedelt. Das Leben wird durch die Jahreszeiten und die raue Natur bestimmt. Hier ist sie besonders gewaltig und beschwört die Aufbruchstimmung der Protagonistin heraus, die sich dem Publikum leider durch ein aufdringliches Voice-Over offenbart: Abigail (Katherine Waterston) fühlt sich der neuen Nachbarin Taille (Vanessa Kirby) hingezogen. Ihre Gefühle werden erwidert. Doch es ist ein Zeitalter, in dem die Männer der beiden das letzte Wort haben. Sehr stimmiges Historiendrama mit einer intensiven Liebesgeschichte und vier tollen schauspielerischen Leistungen. (Polyfilm)
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